Chorgeflüster mit

unserer 1. Vorsitzenden und unserer Ehrenvorsitzenden

Kaffeeklatsch mit frischen Waffeln - da lässt es sich doch gut plaudern!

Klangfarben: Ulla, seit 50 Jahren bist du Sängerin bei den Klangfarben, davon hast du
20 Jahre lang als 1. Vorsitzende die Geschicke des Chors bestimmt. Wenn du mal zurück-
schaust, erst mal als Sängerin, was hat sich geändert?

Ulla: Vor 50 Jahren gab es kaum Freizeitangebot für Frauen im Ort. Vor 50 Jahren war es noch nicht
so selbstverständlich wie heute neben der Familie auch weiterhin im Beruf zu bleiben. Es gab
wenig Gelegenheit sich zu treffen und mal zu quatschen oder eine gesellige Zeit zu verbringen.
Dazu bot sich mit dem Chor eine willkommene Gelegen-heit und halt auch um gemeinsam zu singen.

In den Chorproben wurde fleißig am Chorrepertoire gearbeitet, aber es gab eben auch einen
nicht unwichtigen, geselligen Teil.

So waren neben der wöchentlichen Probe auch gemeinsame Unternehmungen und Feiern fester
Bestandteil des Chorlebens.

Durch die Einbindung in Beruf und Familie müssen die Frauen heute deutlich mehr unter einen
Hut bekommen. Es muss viel mehr organisiert werden und es gibt ein viel größeres Freizeitan-
gebot für Frauen. Da hat der Chor im Laufe der Zeit an Bedeutung verloren und -vermeintlich-
ein angestaubtes Image bekommen.

Auch musikalisch hat es in 50 Jahren deutliche Veränderungen gegeben. Damals hat der Chor
anspruchsvollen Konzerte auf die Beine gestellt. Die Robert-Stolz-Gala, Themenabende mit
Johann-Strauß-Liedern oder Operetten-/Musicalstücken. Auch zu kirchlichen Konzerten
wurde eingeladen.

Musikalisch ist die Richtung eine andere geworden. Schlager aus den 70er, 80er und 90er-Jahren,
Lieder in englischer Sprache werden heute gerne von den Sängerinnen einstudiert.

Volkslieder haben nicht mehr den Stellwert in Konzerten, aber werden gepflegt. An Ihnen kann
gut am Chorklang und -ausdruck gearbeitet werden.

Klangfarben: Ulla, Du warst insgesamt 20 Jahre lang 1. Vorsitzende. Wenn du das mit
dem Posten heute vergleichst, was fallen dir für Veränderungen auf?

Ulla: Früher gab es deutlich weniger Verwaltungsaufgaben, Formalismen – einfach weniger Bürokratie.
Um wichtige Infos weiterzugeben, wurden Briefe oder Postkarten geschrieben. Kurzfristiges wurde
per Telefonrundruf mitgeteilt. Computer, Internet, Whatsapp – davon sprach niemand. Daher war
natürlich auch vieles nicht so schnelllebig.

Vieles war einfach selbstverständlicher, regelmäßige Termin (Auftritte, Feiern, Ausflüge) standen
fest und die meisten nahmen zuverlässig daran teil. Wie gesagt, es gab nicht viele andere
Freizeitmöglichkeiten.

Heute muss der Vorstand sich vieles überlegen um die Mitgliedschaft im Chor attraktiv zu
machen, die Frauen zu motivieren und zu begeistern. Andere Freizeitangebot sind quasi eine
Art „Konkurrenz“, es wird mehr verglichen, man ist oft auch kritischer.

Klangfarben: Dagmar, so schlagen wir den Bogen zu dir. Du bist aktuell die 1. Vorsit-
zende der Klangfarben. Seit wie vielen Jahren singst du im Chor und warum bist du
damals in den Chor eingetreten.

Dagmar: Ich singe seit 39 Jahren bei den Klangfarben. Durch meine Mutter, die ebenfalls im
Chor gesungen hat, habe ich mitbekommen welch gute Truppe die Sängerinnen sind. Ich bin
dann mal mitgegangen und auch dabeigeblieben. In meiner Familie wurde schon immer viel
gesungen, da war es fast logisch, dass mir der Chor großen Spaß machte. Bis auf eine kur-
ze Unterbrechung, als die Kinder klein waren, bin ich ununterbrochen dabei.

Klangfarben: Ein Vögelchen hat mir gezwitschert, dass du schon früher im Vorstand
mitgearbeitet hast, auch gemeinsam mit Ulla. Welche Posten hattest du damals und,
um was hast du dich
gekümmert?

Dagmar: Ich bin 1. Schriftführerin gewesen. Der Vorstand hat auch schon damals als „Team
zusammengearbeitet. Jede hat seine feste Verantwortung z. B. als Kassiererin, aber viele
Aufgaben wurden gemeinsam erledigt und gleichmäßig verteilt.

Das ist meiner Meinung nach auch heute noch das A und O von gut funktionierender Vor-
standsarbeit.

30 Jahre lang war Reinhold Völkel aus Warstein unser Chorleiter. Er hat den Vorstand beratend
zur Seite gestanden und war quasi ein Teil des Vorstandes.

Die Chorleitung war für ihn ein erfüllendes Hobby, dass er mit Haut und Haaren und großer
Begeisterung lebte. Da wurde nicht so genau auf die Uhr geschaut und die Bezahlung war mehr
eine montäre Annerkennung.

Das kann heute kein Chorleiter mehr leisten. Die meisten Dirigenten haben nicht nur einen Chor,
sind gut ausgebildet (was Reinhold Völkel natürlich auch war) und strukturieren ihr Chorproben
ganz anders.

Der Leistungsgedanke, die gute Chorqualität und die knapper gewordene Freizeit, gehen zu
Lasten der Geselligkeit nach der Chorprobe. Unser Chor ist quasi ein kleines Unternehmen mit
einer Angestellten und angemieteten Arbeitsräumen.

Das kann nicht nur mit Mitgliedsbeiträgen finanziert werden, dazu sind Einnahmen aus Konzerten
unbedingt notwendig. Und dazu brauchts den bestmöglichen Chorklang!

Klangfarben: Wie habt ihr vor vielen Jahren neue Sängerinnen gewonnen?

Dagmar: Das war eigentlich ein Selbstläufer. (Dagmar schmunzelt) Traf man eine Bekannte,
die nicht im Chor war, hieß: „Wie, du bist nicht im Chor, dann komm doch mal zur nächsten
Probe und sing mal mit.“ Tja, die Bekannte kam dann auch.

Die Probenbeteiligung war früher deutlich zuverlässiger, aber wie bereits gesagt, heute haben
die Frauen einfach mehr um die Ohren und müssen viel mehr Termine unter einen Hut be-
kommen. Dafür haben wir Verständnis.

Die Probenarbeit macht es allerdings etwas schwieriger. Es dauert oft länger bis man ein Lied
„richtig drauf“ hat, man fängt öfter wieder relativ weit vorne an und für die Sängerinnen, die es
schaffen recht regelmäßig zu kommen, ist es schon mal etwas müßig. Aber: Wenn dann das
Ergebnis stimmt, das Lied von uns gut gesungen wird und das Publikum applaudiert, dann
haben wir alles erreicht was wir wollen!

An diesem kleinen Beispiel kann man ganz gut erkennen, wie sich die Probenarbeit verändert hat.

Klangfarben: Was hältst du sowohl für die Vorstandsarbeit als auch für die Chorproben
besonders wichtig?

Dagmar: Struktur. Das ist das A und O. Zum einen hilft einem die Struktur privat Familie, Beruf
und Chor gut und einen Hut zu bekommen. Man möchte es ja eigentlich immer allen recht
machen, aber ohne Struktur ist das wirklich schwer.

Struktur in der Vorstandsarbeit bedeutet, das vieles von allein läuft. Unternehmungen die sich
wiederholen müssen nicht immer von A – Z neu besprochen werden, sondern nur die Eckdaten
für das neue Jahr müssen abgestimmt werden. Z. B. der Sommerabschluss, der Tagesausflug
oder die Weihnachtsfeier.

Vorstandsarbeit macht mir großen Spaß, auch schon früher als ich im kfd-Vorstand aktiv war.
Mit einem guten Team läuft alles gut und rund.

Kangfarben: Dagmar, kommen wir zum Schluss. Der Frauenchor hatte nach Corona
einen ziemlichen Einbruch bei den aktiven Sängerinnen. Da stellt sich automatisch
die Fragen: Sind Chöre noch „up-to-date“, welche Bedeutung haben sie in ihren Orten?
Können Sie auf Dauer bestehen?

Dagmar: Chöre gehören zum Kulturgut eines Ortes und müssen auf jeden Fall weiter bestehen.
Grundsätzlich glaube ich, dass es schwierig ist als reiner Frauenchor zu bestehen, das gleiche
trifft auf reine Männerchöre zu. Meiner Meinung nach liegt die Zukunft in den gemischten Chören.

Außerdem darf man sich bei der Mitglieder-Werbung nicht nur auf Remblinghausen ausrichten,
sondern sollte auch umliegenden Ortschaften im Auge haben. Die Frauen sind heute mobil und
für ein schönes Hobby fährt man sicher auch eine gewisse Strecke.

Nach Corona war es für uns nicht leicht, viele Sängerinnen sind nicht mehr gekommen. Der
Chor war recht klein geworden. Aber aktuell sind wir in einem guten Flow. Klanglich haben wir
viel gearbeitet und uns sehr verbessert, wir haben (Stand August 2024) schon wieder 5 neue
Sängerinnen bekommen und haben berechtigte Hoffnungen, dass es so weiter geht.
Vielleicht etwas langsam, aber stetig.

Grundsätzlich ist das Singen im Chor ein recht preiswertes Hobby. Durch den Mitgliedsbeitrag
wird die Vergütung der Chorleitung, das Notenmaterial, die Raummiete, Strom, Heizung, Reini-
gung finanziert. Unsere Sängerinnen zahlen 15 EUR im Monat – zum Vergleich: Eine Jogastunde
kostet im Schnitt ca. 12 EUR (also 48 EUR im Monat). Für ein Ski- oder Tennisausrüstung muss
man schnell mehrere Hundert EUR ausgeben.

Wir hoffen einfach, dass es weiterhin stetig vorwärts geht und wir immer mal wieder eine neue
Sängerin für uns begeistern können.

Das Interview führte für die Klangfarben Remblinghausen Cornelia Düking, 1. Schriftführin mit
Dagmar Meier, aktuell 1. Vorsitzende und Ursula Kriesten, Ehrenvorsitzende.

August 2024